Kurkuma - eine Pflanze für alle Fälle?

Stand:
Gegen Arthrose, Diabetes, Alzheimer und Krebs soll der Extrakt - das gelbe Curcumin - wirken. Trotz intensiver Forschung bleiben die meisten Fragen noch offen.
Kurkuma

Das Wichtigste in Kürze:
Erst den Arzt fragen!

  • Curcumin trägt nicht zur normalen Gelenkfunktion bei.
  • Kurkuma- oder curcuminhaltige Nahrungsergänzungsmittel zählen zu den Lebensmitteln. Für sie sind krankheitsbezogene Aussagen generell verboten.
  • Sollten Sie Curcumin zur Behandlung von Erkrankungen nehmen wollen, sprechen Sie Produkt, Dosierung und mögliche Nebenwirkungen unbedingt mit dem Arzt ab.
  • Je nach Empfindlichkeit und Dosierung kann Kurkuma oder Curcumin-Extrakt zu Blähungen, Übelkeit oder Schmerzen im Verdauungstrakt führen.
  • Schwangere und Stillende sowie Patienten mit Gallensteinen sollten auf Kurkuma-Nahrungsergänzungsmittel verzichten.
  • In Gewürz(-mengen) ist Kurkuma unproblematisch, es sind allerdings allergische Reaktionen bekannt.
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Was steckt hinter der Werbung zu Kurkuma?

Nicht nur als eigenständiges Gewürz und Curry-Bestandteil ist Kurkuma bzw. sein gelber Farbstoff Curcumin / Kurkumin schon lange bekannt. Viele Hersteller werben auch damit, dass die Kurkuma-Knolle schon seit Jahrtausenden in der traditionellen asiatischen Medizin eingesetzt wird. Tatsächlich scheinen positive Wirkungen auf die Verdauung unbestritten zu sein. Das heißt, leichte Beschwerden wie Blähungen oder ein Völlegefühl nach dem Essen können durch Kurkuma (als Gewürz) abgemildert oder vermieden werden.

Inzwischen sind jedoch auch Curcumin-­Nahrungsergänzungsmittel, meist in Form von Kapseln oder als Pulver, gegen alle möglichen Beschwerden und Erkrankungen auf dem Markt.

Typische Online-Werbeaussagen oder Schlagzeilen sind

  • "Indiens heilige Pflanze bei Arthrose, Krebs, Diabetes und Alzheimer",
  • "Kurkuma: Bewegen ohne Schmerzen" oder
  • "Der Entzündungshemmer aus dem Currypulver".
     

Dem Curcumin werden zudem noch cholesterinsenkende, leberschützende und antidepressive Eigenschaften zugesprochen. Meist wird zwar nicht auf dem Produkt selbst, dafür aber indirekt mittels Ratgeber-Büchern, in Internet-Foren, in von PR-Agenturen gelieferten "redaktionellen" Beiträgen oder (angeblichen) Erfahrungsberichten auf der Anbieter-Homepage oder durch Verlinkung zu anderen Seiten geworben.

Doch auch wenn die Kurkuma-Extrakte schon recht erfolgversprechend in zahlreichen Zellkultur- und Tierversuchen getestet wurden: Hier wurden in der Regel extrem hohe Dosierungen verwendet, die beim Menschen weder über die Nahrung noch über Nahrungsergänzungsmittel erreicht werden können. Hinzu kommt, dass man heute weiß, dass Curcumin als pan assay interference compound (pain, = chemische Verbindungen, die bei Hochdurchsatz-Screenings häufig falsch positive Ergebnisse liefern) in üblichen Laborverfahren unspezifische Reaktionen auslösen kann, die als positive Effekte fehlinterpretiert werden. Deshalb sind viele Ergebnisse z. B. aus Zellkulturstudien mit Vorsicht zu genießen. Auch ist der Stoffwechsel von Zellen, Nagetieren und Menschen unterschiedlich.

Die Ergebnisse sind daher nicht direkt auf den Menschen übertragbar und wurden zum Großteil noch nicht in Humanstudien bestätigt. Die meisten Humanstudien weisen zudem große Mängel auf (unter anderem eine zu geringe Teilnehmerzahl, keine Vergleichsgruppe, zu kurze Studiendauer) und haben daher nur begrenzte Aussagekraft.

Fazit:

Es fehlen eindeutige wissenschaftliche Belege darüber, ob Kurkumaextrakte gesundheitliche Wirkungen beim Menschen, beispielsweise gegen Krebs, Gelenkbeschwerden, Demenz oder Depressionen, haben.

Hinzu kommt, dass Nahrungsergänzungsmittel - im Gegensatz zu Medikamenten - nicht zur Vorbeugung, Linderung oder Heilung einer Erkrankung vorgesehen sind. Sie werden lediglich beim Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt, ein Wirksamkeits- oder Sicherheitsnachweis ist dafür nicht erforderlich. Einem Nahrungsergänzungsmittel darf auch nicht der Anschein eines Arzneimittels gegeben werden.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband mahnte einen Hersteller wegen unzulässiger Werbeaussagen für ein Kurkuma-Produkt, das zusätzlich Vitamin D enthielt und eine Wirkung auf das Immunsystem versprach, ab und bekam vor Gericht Recht.

Auch die von einem Hersteller bei der EU beantragte Zulassung für die Werbeaussage „Kurkumin trägt zur normalen Gelenkfunktion bei“ wurde nicht genehmigt. Die wissenschaftliche Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ergab, dass der Verzehr des Nahrungsergänzungsmittels nicht zur behaupteten Wirkung führt.

Daher werden die Produkte häufig mit Vitamin C kombiniert, für das Aussagen wie "Vitamin C trägt zu einer normalen Kollagenbildung für eine normale Knorpelfunktion bei" und "Vitamin C trägt zu einer normalen Kollagenbildung für eine normale Funktion der Knochen bei" erlaubt sind.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Kurkuma-Produkten achten?

  • In üblichen (Gewürz-)Mengen gegessen gilt Kurkuma als sicheres Lebensmittel. Es sind allerdings allergische Reaktionen bekannt.
     
  • Die akzeptable tägliche Aufnahmemenge beträgt langfristig maximal 3 mg Curcumin pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag aus allen Quellen, also etwa 200 Milligramm bei einem 70-kg-Menschen - so die Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Bundesinstituts für Risikobewertung: "Bei einer längerfristigen, auch geringfügigen Überschreitung dieses Wertes können gesundheitlich unerwünschte Wirkungen auftreten".
    Je nach individueller Empfindlichkeit, Art des Extrakts und Höhe der Dosierung sind unerwünschte Wirkungen möglich. Das können Blähungen, Sodbrennen, Durchfall / erhöhte Stuhlfrequenz, Übelkeit oder Schmerzen im Verdauungstrakt sein. Beschwerden wurden bereits im Bereich von 180 Milligramm Curcumin beobachtet.
     
  • In 2022 wurden Tetrahydrocurcuminoide als neuartiges Nahrungsergänzungsmittel zugelassen. Die Tagesdosis darf nicht als  140 mg betragen.
     
  • Piperin, ein zur besseren Bioverfügbarkeit zugesetzter Pfefferextrakt, kann ebenfalls zu Unverträglichkeiten führen (s.u.).

  • Es sind Wechselwirkungen mit Medikamenten möglich.
     
  • Halten Magen-Darm-Beschwerden länger an, sind sie stark oder treten häufig auf, sollten Sie sich unbedingt ärztlichen Rat holen!
     
  • Curry und Kurkuma als Gewürze z. B. für asiatische Gerichte sind in den üblichen Dosierungen empfehlenswert und können helfen, Verdauungsbeschwerden vorzubeugen oder zu lindern.
     
  • Als Mittel gegen Krankheiten ist der Kurkuma-Extrakt Curcumin noch nicht ausreichend erforscht und erprobt, bisher geschah dies hauptsächlich mittels Labor- und Tierversuchen. Zulassungen als Arzneimittel gibt es in Deutschland nicht. Redaktionelle Beiträge hierzu - insbesondere zu Krebserkrankungen und Alzheimer-Krankheit - sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Eine diesbezügliche Werbung ist verboten.
  • Wichtig: Aus Sicherheitsgründen sollten Schwangere und Stillende ganz auf Nahrungsergänzungsmittel mit Kurkuma verzichten. Gegen die Nutzung als Gewürz ist aber nichts einzuwenden.
  • Personen, die an Gallensteinen leiden, sollten ebenfalls auf die Einnahme von Kurkuma-Extrakten verzichten. Diese können die Gallensaftproduktion und -abgabe fördern und so eine Gallenkolik auslösen.
  • Die australischen Gesundheitsbehörden warnen davor, dass es in seltenen Fällen durch Nahrungsergänzungsmittel mit Kurkuma oder Curcumin zu schweren Leberschäden kommen kann. Besonders riskant sind solche Produkte für Menschen mit vorgeschädigter Leber (z.B. durch hohen Alkoholkonsum oder bei gleichzeitiger Anwendung bestimmter Medikamente wie z. B. Paracetamol, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure/ASS/Aspirin,  in der Apotheke nachfragen!).

Kurkuma bzw. Curcumin ist wenig wasserlöslich, wird in „reiner“ Form sehr schlecht und nur in geringen Mengen über den Darm aufgenommen und vom Körper schnell wieder ausgeschieden. Um tatsächlich eine Wirkung zu erzielen, müssten also sehr große Mengen gegessen oder die Bioverfügbarkeit erhöht werden. Daher werben einige Hersteller mit einer "besonders guten Bioverfügbarkeit" ihrer Produkte, beispielsweise durch Zusatz eines Extraktes aus schwarzem Pfeffer (Piperin) oder technologische Verfahren wie die "Verpackung" des Curcumins in sogenannte Mizellen (Transportvehikel).

Auch wenn damit tatsächlich eine höhere Bioverfügbarkeit möglich ist, so bedeutet dies nicht, dass dies gleichzeitig im Produkt auch zu verbesserten Fähigkeiten und einer biologischen Wirkung führen kann, die über normale verdauungsfördernde Wirkungen hinausgehen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auch die gesundheitlichen Risiken von isoliertem Piperin bewertet und empfiehlt: Erwachsene sollten nicht mehr als 2 Milligramm isoliertes Piperin pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen. Schwangeren rät das BfR von der Verwendung solcher Mittel ab.

Was ist Kurkuma?

Kurkuma gehört zur Familie der Ingwergewächse. Sie gedeiht in den tropischen Regionen Asiens. Von der Staude, die über einen Meter hoch werden kann, wird der unterirdische Teil verwendet, der dem Ingwer ähnlich sieht, allerdings eine intensiv gelbe Farbe besitzt. Kurkuma wird daher auch Gelbwurzel genannt. Der Geschmack wird mit "mild-würzig, mit einer leicht erdig-bitteren Note" beschrieben.

Während in Asien häufig frisches Kurkuma zur Speisenzubereitung verwendet wird, ist es in der westlichen Küche eher als Currypulverbestandteil, als Lebensmittelfarbstoff (E100) oder Mittel zum Eierschalenfärben bekannt.

Welche Inhaltsstoffe sind in Kurkumaprodukten enthalten?

Kurkumapulver enthält ätherische Öle, Harze, Eiweiße und Zuckerverbindungen sowie etwa 5 % Curcumin und andere Curcuminoide, die die gelbe Farbe verleihen und als die biologisch aktiven Inhaltsstoffe der Kurkumapflanze gelten. Sie werden aus dem getrockneten Wurzelgewebe (dem Rhizom) durch Lösungsmittel-Extraktion gewonnen und zählen zu den Polyphenolen.

In den Nahrungsergänzungsmitteln werden je nach Produkt und Anbieter völlig unterschiedliche Zutaten verwendet: Entweder reines Kurkuma-Pulver, nicht näher definierte, unterschiedliche "Kurkuma-Extrakte", verschiedene Curcuminoide einschließlich Curcumin, Curcumin alleine - oder aber Varianten mit Zusätzen wie Extrakt von schwarzem Pfeffer (Piperin), Vitaminen (z.B. Vitamin D), vitaminähnlichen Substanzen wie Cholin oder anderen pflanzlichen Zusätzen. Aufgrund dieser Vielfalt der Extrakte und Zusammensetzungen sind die einzelnen Produkte, Wirkungen und Studienergebnisse kaum miteinander vergleichbar.

Da Curcuminprodukte mit einer verbesserten Bioverfügbarkeit (z.B. durch Zusatz von Piperin) als neuartige Lebensmittel aufgefasst werden können, muss laut einer aktuellen Stellungnahme von BVL/BfArM in jedem Einzelfall geklärt werden, ob das jeweilige Produkt als sogenanntes Novel Food zugelassen werden und eine Sicherheitsbewertung durchlaufen muss. Denn: Die verbesserte Bioverfügbarkeit könnte zu anderen toxischen Wirkungen führen als herkömmliches Curcumin.

 

Quellen:


BfR (2021): Curcumin in Nahrungsergänzungsmitteln: Gesundheitlich akzeptable tägliche Aufnahmemenge kann überschritten werden
Stellungnahme Nr. 040/2021 vom 14.12.2021, DOI 10.17590/20211214-121912

Curry-Gewürz gegen Krebs. / Weniger Gelenkbeschwerden dank Kurkuma? / Kurkuma gegen Demenz? / Kurkuma: Stimmungsmacher bei Depression? Medizin transparent.at, eingesehen am 20.01.2021

LAVES: Nahrungsergänzungsmittel mit Pflanzen und Pflanzenextrakten, eingesehen am 21.12.2018

Schiborr C, Kocher A, Frank J (2015): Curcumin. Grundlagen der Resorption und des Metabolismus. Ernährungs-Umschau 11, S. M636ff

Budinger V (2016): Der Entzündungshemmer aus dem Currypulver. Curcumin besser als Cortison? DAZ.online Stand 22.11.2016, eingesehen am 20.01.2021

Gesundheitswerbung zu Kurkuma untersagt, Stand 20.05.2019, eingesehen am 20.01.2021

Edwards SE, da Costa Rocha I, Williamson EM, Heinrich M (2015): Phytopharmacy: An Evidence-Based Guide to Herbal Medicinal Products. Wiley-Blackwell, S. 379ff Turmeric

Prasad S, Tyagi AK, Aggarwal BB (2014): Recent Developments in Delivery, Bioavailability, Absorption and Metabolism of Curcumin: the Golden Pigment from Golden Spice. Cancer Res Treat. 46(1):2-18

Verordnung (EU) 2018/1556 über die Nichtzulassung bestimmter gesundheitsbezogener Angaben, eingesehen am 20.02.2021

BfR. Nahrungsergänzungsmittel mit Piperin. Eingesehen am 20.01.2021

Deutsches Krebsforschungszentrum: Was ist dran: Kurkuma bei Krebs? Studiendaten zu Curcumin überzeugen bislang nicht. Stand: 05.06.2019, eingesehen am 20.01.2021

Verbraucherzentrale Bundesverband: Gesundheitswerbung für Curcumin-Kapseln untersagt. 18.02.2019, eingesehen am 20.01.2021

BVL/BfArM: Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen. Stellungnahme zur Einstufung von Produkten, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten (Stand: 16.12.2020), eingesehen am 20.01.2021

Nelson KM et al. (2017): The Essential Medicinal Chemistry of Curcumin. J. Med. Chem. 60, 1620−1637

Baell J (2016): Feeling Nature’s PAINS: Natural Products, Natural Product Drugs, and Pan Assay Interference Compounds (PAINS). J. Nat. Prod. 79 (3), 616-628

Durchführungsverordnung (EU) 2022/961 der Kommission vom 20.06.2022 zur Genehmigung des Inverkehrbringens von Tetrahydrocurcuminoiden als neuartiges Lebensmittel

Französische Lebensmittelsicherheitsbehörde ANSES (2022): Adverse effects associated with the consumption of food supplements containing turmeric. Stand: 29.06.2022

Australian Government, Department of Health and Aged Care (2023): Medicines containing turmeric or curcumin - risk of liver injury. Stand: 15.08.2023

Drehscheibe Nahrungserganzugnsmittel

Nährstoffe in Lebensmitteln

Nahrungsergänzungsmittel sind häufig überflüssig, denn die benötigten Nährstoffmengen lassen sich auch einfach essen. Das zeigt die bei den Verbraucherzentralen erhältliche Drehscheibe "Wellness, Gesundheit, Schönheit?". Sie informiert entsprechend der hier im Portal genannten Produktgruppen über die entsprechenden Inhaltsstoffe in herkömmlichen Lebensmitteln und zeigt die benötigten Portionsgrößen. Hier ist sie digital umgesetzt.

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