Lecithinhaltige Nahrungsergänzungsmittel sollen die Gehirnleistung steigern - sogar bis ins hohe Alter. Stimmt das?
Das Wichtigste in Kürze:
- Lecithin, oder auch Phosphatidylcholin, ist ein wichtiger Bestandteil für Gehirn und Nervenzellen.
- In der Regel ist der Lecithinbedarf durch die körpereigene Produktion und die Aufnahme mit herkömmlichen Lebensmittel sichergestellt.
- Es ist nicht wissenschaftlich bewiesen, dass eine zusätzliche Gabe von Lecithin positiv auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns wirkt.
- Frische Luft, Gehirnjogging, abwechslungsreiches Essen und ausreichend Flüssigkeit halten das Gehirn jung.
Was steckt hinter der Werbung zu Lecithin?
Lecithin soll laut Werbung die Hirnleistung steigern und sie im Alter erhalten. Hintergrund dieser Werbeaussagen ist, dass Lecithin einen wichtigen Baustein von Nerven und Gehirn darstellt. Auch ist es an der Informationsweiterleitung im Gehirn beteiligt. Daher ist es unentbehrlich für eine gute Leistung unseres Gehirns.
Lecithinhaltige Produkte werden sowohl für Kinder als auch für Senioren angeboten. Bisher konnte nicht nachgewiesen werden, dass eine zusätzliche Gabe von Lecithin die Funktion des Nervensystems, das Denkvermögen, die Erinnerung oder die Konzentration positiv beeinflussen kann. Zu diesem Fazit kam die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, als sie die dazu eingereichten wissenschaftlichen Studien überprüfte.
Obwohl Lecithin nicht für "Gehirn und Nerven" beworben werden darf, gibt es noch etliche lecithinhaltige Produkte auf dem Markt, die so beworben werden. Die Hersteller umgehen dieses Verbot in dem sie zum Beispiel bestimmte B-Vitamine (z.B. B1, B6) oder auch Spurenelemente wie Kupfer zu ihrem Produkt hinzugeben, für die Gesundheitsaussagen, wie "ein Beitrag zur normalen Funktion des Nervensystems" oder "trägt zur normalen psychischen Funktion bei" (für Niacin) erlaubt sind.
Auf was sollte ich bei der Verwendung lecithinhaltiger Produkte achten?
Lecithin wird in Lebensmitteln weit verbreitet eingesetzt. Höchstmengenbeschränkungen für die Zugabe von Lecithin zu Lebensmitteln gibt es lediglich bei Säuglingsnahrung. Über unerwünschte Wirkungen des Lecithins ist bislang nichts bekannt.
Allergiker sollten auf der Verpackung nachschauen, woraus das Lecithin gewonnen wurde (Allergene wie Hühnerei oder Soja müssen angegeben werden).
Um das Gehirn fit zu halten sind abwechslungsreiches Essen, Bewegung an der frischen Luft, ein paar Runden Gehirnjogging - zum Beispiel durch Lösen von Kreuzworträtseln - und ausreichend Trinken wichtig.
Was ist Lecithin?
Lecithin, oder auch Phosphatidylcholin, zählt zur Gruppe der Phospholipide, die wichtige Bestandteile der Zellmembranen sind, unter anderem in Gehirn und Nervenzellen. Phospholipide sind zuständig für den Ionentransport durch die Zellmembranen, isolieren die Nervenfortsätze und sorgen so für die reibungslose Weitergabe von Nervenimpulsen. Zudem ist Lecithin Ausgangssubstanz für wichtige Botenstoffe im Gehirn und Nervensystem.
Hohe Gehalte an Lecithin finden sich zum Beispiel in Eiern, Innereien, Fleisch, Fisch, Vollkornprodukten, Nüssen und Gemüse. Aber auch wenn Sie sich vegetarisch oder vegan ernähren, sind Sie in der Regel ausreichend versorgt. Dafür sorgt die Eigensynthese von Cholin im Körper aus pflanzlichen Inhaltsstoffen wie Betain (in Quinoa, Roter Bete, Getreide, Spinat, Brokkoli) und Folsäure. In der Lebensmittelindustrie wird Lecithin (E 322) als Zusatzstoff eingesetzt, als Antioxidationsmittel, Emulgator oder Stabilisator.
In der Lebensmittelchemie wird unter Lecithin üblicherweise ein komplex zusammengesetztes Lipidgemisch verstanden, wovon nur etwa 25% aus dem "reinen" Lecithin (Phosphatidylcholin) besteht. Aus dem Lecithingehalt eines Lebensmittels lässt sich daher nicht ohne Weiteres auf seinen Gehalt an reinem Lecithin schließen.
Lecithin wird heute größtenteils aus pflanzlichen Produkten wie Sojabohnen, Raps, Mais, Erdnüssen und Sonnenblumen gewonnen, da tierische Rohstoffe für eine Gewinnung zu teuer sind. Auch der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen ist möglich. Hersteller sind nicht verpflichtet, den Ursprung des Lecithins anzugeben, es sei denn, es handelt sich um kennzeichnungspflichtige Allergene wie Hühnerei oder Soja.
Quellen:
EFSA Referenzwerte für die Aufnahme von Cholin (abgerufen am 10.05.2019)
Ströhle A, Hahn A. Cholin – Ein Nährstoff mit Vitamincharakter? Ernährung im Fokus 2/2019
Ströhle A; Hahn A (2020): Cholin. Gut für die Leber, aber schlecht für das Herz? MMP 43 (2): 57-67
Medizin Transparent. Eier und Lecithin für ein besseres Gedächtnis? (abgerufen am 10.05.2019)